Baumängel Verjährung: Fristen, Rechte und Pflichten nach BGB und VOB im Überblick
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Die Verjährung von Baumängeln ist einer der wichtigsten, aber auch meist unterschätzten Aspekte im Bauvertragsrecht. Während viele Bauherren wissen, dass sie bei einem Mangel Anspruch auf Nachbesserung haben, ist häufig unklar, wie lange diese Rechte bestehen. Wird ein Baumangel zu spät gerügt, droht der Verlust aller Gewährleistungsansprüche – auch wenn der Mangel eindeutig vorhanden ist.
In diesem Beitrag erfährst Du alles zur Baumängel-Verjährung: die geltenden Fristen, Unterschiede zwischen BGB und VOB, Sonderfälle bei arglistig verschwiegenen Mängeln und wie sich die Verjährung hemmt, verlängert oder neu beginnt.
Verjährung bei Baumängeln: Was ist das?
Die Verjährung beschreibt den Zeitraum, in dem ein Anspruch rechtlich durchsetzbar ist. Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, kann der Bauherr seine Rechte nicht mehr erfolgreich geltend machen – auch wenn der Mangel unbestritten besteht.
Baumängeln liegt häufig ein Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit oder gegen die anerkannten Regeln der Technik zugrunde. Auch bei offensichtlichem Pfusch am Bau verlieren Bauherren ihre Ansprüche, wenn sie die Frist versäumen.
Praxis-Hinweis:
Viele Bauherren unterschätzen, wie früh die Frist tatsächlich zu laufen beginnt. Sie startet mit der Abnahme – nicht mit der Schlüsselübergabe oder dem Einzug. Schon ein stillschweigendes Akzeptieren der Leistung kann als Abnahme gelten (§ 640 BGB).
„Die meisten Probleme entstehen nicht durch fehlende Gewährleistung – sondern durch Unklarheit, wann sie überhaupt beginnt.“
– Marius, Webinar „Mängelmanagement 2025“
Wann beginnt die Verjährung?
Gemäß § 634a BGB beginnt die Verjährung mit der Abnahme der Bauleistung. Dies ist der Moment, in dem der Bauherr das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert – entweder ausdrücklich oder stillschweigend.
Die Verjährungsfrist bei Baumängeln beträgt:
5 Jahre nach Abnahme bei Bauwerken
2 Jahre bei beweglichen Sachen, wie Einbauten
3 Jahre für Mängel an Planungsleistungen
10 Jahre, wenn der Mangel arglistig verschwiegen wurde
Beispiel:
Erfolgt die Abnahme der Bauleistung am 1. Oktober 2023, endet die Verjährung für Baumängel nach BGB grundsätzlich am 1. Oktober 2028 – sofern kein anderer Umstand die Frist beeinflusst.
Praxis-Tipp:
Notiere den Abnahmetermin immer schriftlich und archiviere das Protokoll sorgfältig. In digitalen Mängeltools kann der Termin automatisch gespeichert und mit Fristen verknüpft werden – so erinnert das System rechtzeitig an das Ende der Gewährleistungszeit.
BGB und VOB: Zwei Regelwerke – unterschiedliche Fristen
BGB und VOB sind die zentralen Rechtsquellen für die Gewährleistung am Bau. Je nachdem, welche Grundlage vereinbart wurde, gelten unterschiedliche Fristen und Bedingungen:
| Regelung | BGB | VOB/B |
|---|---|---|
| Verjährung Bauwerke | 5 Jahre | 4 Jahre |
| Verjährung bei arglistiger Täuschung | 10 Jahre (ab Entdeckung) | 10 Jahre (ab Entdeckung) |
| Beginn der Frist | Abnahme | Abnahme |
| Möglichkeit zur Verlängerung | Ja, vertraglich | Ja, durch Vereinbarung |
| Geltung ohne ausdrückliche Vereinbarung | Automatisch | Nur bei ausdrücklicher Vereinbarung |
Die Gewährleistung nach BGB
Die Gewährleistung nach BGB ist in §§ 633–639 BGB geregelt. Bei einem Mangel kann der Bauherr folgende Ansprüche geltend machen:
Nachbesserung durch den Auftragnehmer
Vergütungsminderung
Rücktritt vom Vertrag
Schadensersatz
Die Gewährleistungsfrist beginnt mit der Abnahme und beträgt fünf Jahre. Innerhalb dieser Zeit muss der Mangel dokumentiert und angezeigt werden – idealerweise schriftlich per Einschreiben oder über ein digitales Nachweissystem.
Aus der Praxis:
Viele Streitfälle entstehen, weil Mängel zwar erkannt, aber nicht rechtzeitig gerügt wurden. Ein klar dokumentierter Verlauf – wer wann was gemeldet hat – ist im Streitfall oft entscheidender als die Frage, ob der Mangel tatsächlich bestand.
Arglistig verschwiegene Mängel
Wird ein Mangel arglistig verschwiegen, verlängert sich die Verjährung erheblich. Das BGB sieht Ausnahmen vor, wenn der Unternehmer bewusst einen Mangel nicht offenlegt, obwohl er ihn kennt.
Woran erkennt man arglistig verschwiegene Mängel?
Bewusst verdeckter Schaden (z. B. durch Fliesen oder Verkleidungen)
Verwendung minderwertiger Materialien ohne Hinweis
Abweichung von der Leistungsbeschreibung
Verstöße gegen anerkannte Regeln der Technik
In solchen Fällen beginnt die Frist erst mit dem Bekanntwerden des Mangels – nicht mit der Abnahme. Die Verjährung bei arglistig verschwiegenen Mängeln beträgt zehn Jahre ab Entdeckung (§ 199 Abs. 3 BGB).
Praxis-Hinweis:
Auch bei arglistig verschwiegenen Mängeln bleibt die Beweissicherung entscheidend. Gutachterliche Dokumentationen, Fotos und digitale Nachweise helfen, den Zeitpunkt der Entdeckung eindeutig zu belegen.
Verlängerung, Hemmung und Neubeginn der Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche kann sich unter bestimmten Bedingungen verlängern, hemmen oder neu beginnen:
§ 203 BGB – Hemmung: Wenn über den Anspruch verhandelt wird, ruht die Frist.
§ 212 BGB – Neubeginn: Wenn der Schuldner den Mangel anerkennt oder eine Zahlung leistet.
Verlängerung durch Vertrag: Möglich, sollte aber schriftlich fixiert werden.
Beispiel:
Wird ein Mangel kurz vor Ablauf der Frist anerkannt oder nachgebessert, beginnt die Verjährung erneut. Der Bauherr gewinnt damit zusätzliche Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen.
„Die Frist läuft – egal, ob man gerade verhandelt oder nicht. Nur wer die Verlängerung dokumentiert, bleibt auf der sicheren Seite.“
– Marius, Webinar „Mängelmanagement 2025“
Verjährung bei Baumängeln in der Praxis: Was ist zu tun?
Um die Verjährung bei Baumängeln zu vermeiden, sollten Bauherren und Projektleiter folgende Schritte beachten:
Abnahme schriftlich dokumentieren – der Abnahmetag ist entscheidend.
Mängelanzeige rechtzeitig stellen – bei bekannten Mängeln sofort.
Fristen setzen zur Beseitigung der Mängel (üblich: 10–14 Tage).
Gutachter hinzuziehen bei verdeckten oder technischen Schäden.
Alle Vorgänge schriftlich festhalten – mit Datum und Ansprechpartner.
Digitale Tools zur Mängelverwaltung nutzen, um Nachweise zentral zu sichern.
Praxis-Tipp:
Speichere alle relevanten Unterlagen, E-Mails und Protokolle digital ab – idealerweise im gleichen Projektordner oder System. Eine lückenlose Chronologie ist im Zweifel der beste Schutz gegen den Einwand der Verjährung.
Wie lange können Baumängel geltend gemacht werden?
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können Mängel geltend gemacht werden:
innerhalb der Gewährleistungsfrist (4–5 Jahre)
bis zu 10 Jahre bei arglistig verschwiegenen Mängeln
in Sonderfällen sogar bis zu 30 Jahre (z. B. bei Urkundenfälschung oder arglistigem Verhalten)
Die tatsächliche Verjährung hängt stark vom Verhalten aller Parteien ab – insbesondere im Hinblick auf Nachbesserungen, Anerkenntnisse oder laufende Verhandlungen.
Übersicht: Verjährungsfristen für Baumängel
| Fall | Frist | Beginn der Frist |
|---|---|---|
| Standardmangel (BGB) | 5 Jahre | Abnahme |
| Standardmangel (VOB) | 4 Jahre | Abnahme |
| Arglistig verschwiegener Mangel | 10 Jahre ab Entdeckung | Bekanntwerden des Mangels |
| Hemmung durch Verhandlungen (§ 203 BGB) | Frist verlängert sich | Während der Verhandlung |
| Neubeginn durch Anerkenntnis (§ 212 BGB) | Neue 5-Jahresfrist | Ab Anerkenntnis |
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